PM: Auszug aus Gemeinschaftsunterkünften muss unterstützt werden!

Pressemitteilung
06. Juli 2017

*Initiativkreis: Menschen.Würdig zum Interview mit dem Sozialbürgermeister der Stadt Leipzig: Auszug aus Gemeinschaftsunterkünften muss unterstützt werden!*

Am 3.7.2017 wurde der Leipziger Sozialbürgermeister Herr Fabian zu den freien Kapazitäten in Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende in der Leipziger Volkszeitung (LVZ) interviewt. Dieses Interview setzt die Debatte um den momentanen Leerstand von Asylunterkünften in Leipzig fort [1]. Zur Lage der Umsetzung des Unterbringungskonzepts befragt, antwortet Herr Fabian, dass es nach wie vor das Ziel der Stadt Leipzig sei, „Geflüchtete so schnell wie möglich in eigenen Wohnungen unterzubringen“, dass das Konzept weiterhin umgesetzt und daran festgehalten würde. Er wird zitiert: „Wir halten keine Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften, nur weil dort Plätze frei sind.“

Kim Schönberg vom Initiativkreis: Menschen.Würdig. entgegnet: „Natürlich wird niemand in Gemeinschaftsunterkünften gehalten, das wäre nämlich im Zweifel rechtswidrig. Aber es ist ein Unterschied, ob frei gestellt wird zu gehen, oder ob selbstbestimmtes Wohnen aktiv unterstützt wird! Außerdem muss unterschieden werden, von wem gesprochen wird: die Bewohner*innen, deren Asylverfahren bereits abgeschlossen sind, werden oft sogar eher unter Druck gesetzt, endlich auszuziehen. Nicht die Verwaltung, sondern ein extrem angespannter Wohnungsmarkt und weitere Hürden wie rassistische Diskriminierung bei Vermieter*innen hindern die Menschen dann am Auszug. Dafür sprechen nicht zuletzt die 1000 Menschen, die weiterhin in einer Gemeinschaftsunterkunft ausharren müssen, obwohl sie ein positiv abgeschlossenes Asylverfahren haben, weil sie einfach keine Wohnung finden!“

Für deren Verbleib in der Unterkunft nimmt die Stadt sogar Gebühren, wie im Juni 2016 mit der „Satzung über die Benutzung und die Gebühren in Unterkünften für Wohnungsnotfälle und Asylbewerber sowie andere ausländische Flüchtlinge“ im Stadtrat beschlossen wurde. Darauf bezieht sich Herr Fabian im Interview, wenn er sagt, dass die Bewohner*innen eine Gebühr entrichten von dem Geld, das sie vom Jobcenter bekommen. Allerdings sieht die Realität etwas düsterer aus, denn diese nominellen Gebühren übersteigen die vom Jobcenter gezahlten Kosten gerade bei großen Familien. Deswegen werden die Familien aufgefordert, die GU zu verlassen und stehen so unter doppeltem Druck.

Kim Schönberg: „Im Moment verbleiben über die Hälfte aller Bewohner*innen der Gemeinschaftsunterkünfte dort bis zu 2 Jahren und weitere 10% sogar über 2 Jahre! Damit sind aber auch Menschen im Asylverfahren gemeint. Diese haben laut Unterbringungskonzept in Leipzig die Möglichkeit, auf Antrag und nach Durchlaufen einer Wohnfähigkeitsprüfung dezentral in eigenen Wohnungen zu leben. Dass Herr Fabian lapidar sagt, die Stadt setze das Konzept um, ist Hohn angesichts des Ausbaus der kritisierten Massenunterkunft Torgauer Straße und der Schaffung weiterer Großunterkünfte. Im Sinne des Konzepts wäre es mehr individuellen und bezahlbaren Wohnraum sowie mehr Unterstützungsangebote für den Übergang von der Gemeinschaftsunterkunft in die eigenen Wohnung zu schaffen, wie es beispielsweise die Kontaktstelle Wohnen tut. Zudem sind die vier Beratungsstellen, die soziale Betreuung für dezentral wohnenden Geflüchtete leisten, zu stärken. Denkbar wäre es zum Beispiel wie in Dresden in jedem der Stadtbezirke eine Anlaufstelle für Geflüchtete zu schaffen.“

Herr Fabian wird im Interview außerdem mit den Worten zitiert: „Ziel ist ja, dass auch Gemeinschaftsunterkünfte ein wohnungsähnliches Leben zulassen.“ Kim Schönberg dazu: „Das ist eine grundfalsche Einstellung. Ziel sollte nicht sein, dass Gemeinschaftsunterkünfte „wohnungsähnliches“ Leben zulassen, sondern, dass Leben in Wohnungen zugelassen und vom ersten Tag ermöglicht wird! Denn große Gemeinschaftsunterkünfte bedeuten Isolation vor dem städtischen Leben, bedeuten oft Stress, Unruhe und Entmündigung.

Der Initiativkreis: Menschen.Würdig. unterstützt die Forderung nach einer Weiterentwicklung des Unterbringungskonzepts. Ein geeignetes Forum dafür könnte der Runde Tisch Wohnen sein, dessen Einrichtung der Migrantenbeirat per Stadtratsantrag anregt. (siehe Antrag: https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1007159)

[1] „Fast 3000 Asylheimplätze ungenutzt“ (LVZ, 26.06.2017), „Initiativkreis will Rückkehr zur dezentralen Unterbringung“ (LVZ, 28.06.2017), „SPD will Kitas in leeren Asylhäusern eröffnen“ (LVZ, 29.06.2017), „Wir sind klug beraten, ein Reserve-Kontingent vorzuhalten“ (LVZ, 03.07.2017), „Linke: Asyl-Konzept überarbeiten“ (LVZ, 05.07.2017)