Diskussion um Asylbewerber-Unterkünfte entbrennt erneut
Bereits im Juli hat der Stadtrat den Beschluss zur Einrichtung von sieben dezentralen Unterkünften für Asylbewerber gefasst – eine davon in der Wahrener Pittlerstraße. Bei den Anwohnern schlägt das Thema noch immer hohe Wellen. Problematisch sei vor allem die schlechte Informationspolitik der Stadtverwaltung gewesen. „Etliche Fakten haben wir erst aus der Leipziger Volkszeitung erfahren“, war Anlieger Gerd Heide enttäuscht. Der verständliche Unmut darüber habe zu Missverständnissen geführt. „Wir wurden als Rassisten und ‚Nazis in Zivil‘ beschimpft.“ Auch Thomas Hoffmann hatte ähnliches erlebt: „Während einer Veranstaltung im Anker zum Thema wurden von gewissen Leuten regelrechte Bedrohungsszenarien aufgebaut. Niemand hat sich bisher dafür bei uns entschuldigt.“ Dabei hätten sich viele Anwohner nur überfahren gefühlt von der Kurzfristigkeit der Entscheidung.
Die Stadt habe dafür gesorgt, dass die Bürger Angst bekommen. „Sie haben dezentrale Orte gewählt, wo eine Kontaktpflege für die Asylbewerber schwer ist. Ich habe selbst vor sechs Jahren ein Haus gekauft und werde erst jetzt richtig von den Nachbarn akzeptiert“, gab Hoffmann zu bedenken. Im Übrigen sei die Idee einer dezentralen Unterbringung nicht unbedingt ideal. „In Zella-Mehlis wurde das Konzept gerade erst geändert, da sich Asylbewerber isoliert fühlten und weite Wege quer durch die Stadt zurücklegen mussten, um Freunde zu treffen.“
„Wir sind grundsätzlich nicht gegen eine Unterbringung von Asylbewerbern in unserer Nachbarschaft. Was uns ärgert, ist die Planlosigkeit der Stadt“, erklärte Anwohnerin Marlies Heide. Es fehle sowohl ein Sicherheits- als auch ein Betreuungskonzept. „Fragt man die Stadt, wo die Betreuer eigentlich herkommen sollen, heißt es: ‚Die werden sich schon melden‘.“ Das sei ebenso blauäugig, wie anzunehmen, dass Physik- und Mathelehrer vom Himmel fallen. „Wir können uns doch nicht erst damit beschäftigen, wenn die Wohnungen bezogen sind.“
Ähnlich sah das auch Pfarrerin Melanie von Truchseß. „Es gibt viele Leute, die bereit sind, sich zu engagieren, Leute einzuladen oder zu besuchen.“ Dies sei aber kaum planbar, da es keine Ansprechpartner auf Seiten der Stadt gibt. „Wenn man sich für einen Standort entscheidet, muss man gucken, wer wohnt dort und wer kann künftig Partner sein. So ein Projekt muss von Anfang an gut laufen.“ Hier habe die Stadt bisher viel versäumt, waren sich alle einig.
weitere Stimmen:
Thomas Hoffmann (39) CDU-Ortsverband:
Die Bürgerbeteiligung, mit der sich der Oberbürgermeister rühmt, ist nicht wirklich vorhanden. Schaut man auf das Thema Asylbewerber kann man nur den Kopf schütteln.
Marlies Heide (49) Wahren:
Die Stadt will 70 Asylbewerber in Wahren unterbringen. Dafür fehlt bisher ein Konzept. Das kann doch nicht erst erarbeitet werden, wenn die Leute eingezogen sind.
Kerstin Böhme (48) Wahren:
70 junge Männer, die aufgrund ihrer Situation als Asylbewerber nicht arbeiten dürfen, kommen irgendwann auf dumme Gedanken. Einige Anwohner verunsichert das.