Stadtbezirksbeirat Nord sieht noch Diskussionsbedarf zur Ratsvorlage
Wie ein Paukenschlag platzte die Mitteilung in die jüngste Sitzung des Stadt-bezirksbeirates Nord: Die Gebäude in der Georg-Schumann-Straße 121 und in der Theresienstraße 14 sowie in der Georg-Schwarz-Straße 31 werden für „gemeinschaftliches Wohnen von Asylbewerbern und Geduldeten“ vorbereitet. „Natürlich haben wir sofort unsere Tagesordnung verändert, nachdem kurzfristig zu erfahren war, dass die Vorlage des Sozialamtes die Dienstberatung des Oberbürgermeisters passiert hatte und am 12. Dezember vom Stadtrat abgesegnet werden soll“, sagte Thomas Lingk, der Chef dieses Gremiums im Leipziger Norden.
Nico Pockel vom Sozialamt war gekommen und stand den Beiräten Rede und Antwort. „Diese Immobilien gehören privaten Eigentümern und wurden uns von diesen angeboten“, erklärte Pockel. Es sei geplant, sie für einen Zeitraum von zehn Jahren anzumieten. „Die Häuser“, so der Mann vom Sozialamt, „sind bereits teilsaniert und müssen noch mit einigen baulichen Aufwand auf die Anforderungen der künftigen Bewohner ausgerichtet werden.“ Das Ganze würde drei oder vier Monate in Anspruch nehmen, so dass die Objekte ab Mai für Asylbewerber zur Verfügung stünden.
In der Georg-Schumann-Straße handelt es sich um zehn Drei-Raum-Wohnungen mit Bad und Küche auf drei Etagen und dem ausgebauten Dachgeschoss. „In erster Linie Familien wollen wir hier unterbringen. Platz für insgesamt 35 bis 40 Personen ist vorhanden“, führte Pockel aus. In der Theresienstraße könnten sogar bis zu 45 Asylbewerber in acht Drei- beziehungsweise Vier-Raum-Wohnungen einziehen. Für beide Häuser stehen derzeit Kaltmieten von jeweils 8,50 Euro zur Debatte. Allein die Unterbringungskosten in den drei Objekten würden für die Stadt Leipzig im kommenden Jahr 438500 Euro betragen. „Eine Alternative ist nicht in Sicht, wir müssen 670 Asylbewerber aufnehmen und sie dauerhaft unterbringen“, konstatierte der Experte vom Sozialamt. Aufenthalts-rechtlich sind die Ankommenden zunächst in einer Gemeinschaftsunterkunft einzuquartieren. Etwa in der Lilienstein- oder Torgauer Straße. „Danach entscheiden Sozialpädagogen, wer in eine Wohnung ziehen kann“, meinte Pockel.
Die beiden Gemeinschaftsunterkünfte hätten mit 220 beziehungsweise 230 Plätzen ihre Kapazitätsgrenze bereits überschritten. Im übrigen würde Anfang Dezember in der Riebeckstraße 63 ein neues Objekt mit insgesamt 115 Plätzen in Betrieb genommen. „Sei es wie es sei, wir haben auf jeden Fall noch Diskussionsbedarf und müssen die Abstimmung über diese Vorlage verschieben“, stellte Lingk fest und fand damit einhellige Zustimmung. Er habe auch Bedenken, dass es den Bemühungen um mehr Attraktivität der Georg-Schumann-Straße zuwider läuft, wenn praktisch unweit eines großen Einkaufszentrums wie Kaufland solch ein zentrales Objekt entsteht.
Auch Beirat Gert Kahlin (CDU), der ehemalige Leipziger Winterdienstchef, plädierte dafür, Asylbewerber in einzelnen Wohnungen verstreut einzuquartieren. „Diese Häuser sind aber keine Heime“, betonte Pockel, „die Familien werden jeweils eine Wohnung beziehen. Dabei achten wir darauf, dass sie in den Gebäuden möglichst aus adäquaten Kulturkreisen kommen.“ Aus der Runde kam auch Kritik am Management des Sozialbürgermeisters. So seien vom Verein „Saubere Umwelt“ vor Wochen die Grundstücke Georg-Schumann-Straße 6, 12 und 14 angeboten worden, aber aus der Behörde habe es dazu nicht einmal eine Antwort gegeben.
Voller Aufregung war am Wochenende auch Anokh Singh Ghuman, der Besitzer des Bajwa’s Pizza Service in der Georg-Schumann-Straße 121. „Ich habe erst aus der Leipziger Volkszeitung erfahren, dass unser Haus in eine Unterkunft für Asylbewerber umgestaltet werden soll. Der Eigentümer hat mich darüber nicht informiert“, äußerte er. Seit 1995 wohnt der Inder in Leipzig und betreibt seit 1997 den Pizza Service in Gohlis. Nun bange er um seine Existenz.
Günther Gießler