LVZ vom 01.12.2012: „Sozialamtschefin Kador-Probst erklärt, wie es zu Kaltmieten von bis zu 8,50 Euro kommt“

Interview
Warum sind Asylquartiere so teuer?
Sozialamtschefin Kador-Probst erklärt, wie es zu Kaltmieten von bis zu 8,50 Euro kommt

Die LVZ hat jede Menge Briefe und E-Mails zu den Plänen der Stadt erhalten, in Leipzig zeitnah drei weitere Asylbewerber-Unterkünfte einzurichten. Viele Leser sind empört, weil das Sozialamt dabei Kaltmieten von 8,50 Euro pro Quadratmeter eingeplant hat. Wir sprachen darüber mit Martina Kador-Probst (44), der Leiterin des Sozialamtes.

Frage: Weshalb kalkulieren Sie mit 8,50 Euro, wo doch die Durchschnittskaltmiete in Leipzig fünf Euro beträgt?

Martina Kador-Probst: Zunächst stehen in der entsprechenden Stadtratsvorlage, auf die Sie sich beziehen, die 8,50 Euro nur für das Objekt in der Theresienstraße 14. Bei den anderen beiden Häusern, die uns ebenfalls von privaten Eigentümern angeboten wurden, sind es 6,50 Euro. Es handelt sich jeweils um ungefähre Richtwerte, die von den Eigentümern als ein erstes, unverbindliches Angebot uns gegenüber benannt wurden. Über die tatsächliche Miethöhe können wir mit den Eigentümern erst verhandeln, wenn der Stadtrat die Objekte bestätigt hat. Dies soll am 12. Dezember erfolgen.

F: Sie glauben also, die Preise noch deutlich drücken zu können?

MKP: Die zu verhandelnden Miethöhen sind von verschiedenen Rahmenbedingungen abhängig. Zum Beispiel, ob die Stadt oder der Vermieter für nötige Umbauten oder Sicherheitsmaßnahmen aufkommt. Natürlich werden wir alle Objekte – auch die Georg-Schwarz-Straße 31 und Georg-Schumann-Straße 121 – genau überprüfen, falls uns der Stadtrat das Verhandlungsmandat erteilt. Sowohl der Rat als auch die Verwaltung benötigen für die weiteren Planungen aber zumindest erst einmal eine Größenordnung hinsichtlich der einzuplanenden Kosten. Für die neuen Gemeinschaftsunterkünfte, die der Stadtrat bereits genehmigt hat, führen wir gerade solche Verhandlungen. Dabei zeichnet sich ab, dass die in der hier dazu gehörigen Stadtratsvorlage benannten Mietpreise noch gesenkt werden können.

F: Was zahlt die Stadt denn zum Beispiel in der Eythstraße 17?

MKP: Die Verhandlungen sind dort noch nicht ganz abgeschlossen, insofern kann ich dazu momentan keine Auskunft geben.

F: Warum sind Asylquartiere so teuer, dass sie allesamt über dem Mietspiegel-Mittelwert von fünf Euro liegen?

MKP: Weil es hier nicht um einzelne Wohnungsmietverträge geht, sondern um die Anmietung kompletter Gebäude. Die sind für diesen Preis, der ja nur einen Durchschnittswert darstellt, einfach nicht zu bekommen. Üblicherweise werden Sanierungsaufwendungen in der Wohnungswirtschaft über einen Zeitraum von 25 Jahren abgeschrieben. Wir können uns aber nur für zehn Jahre vertraglich binden, deshalb kalkulieren die Gebäudeeigentümer anders. Das betrifft private Eigentümer genauso wie die stadteigene LWB.

F: Sind die Preise dann für die ganze Laufzeit von zehn Jahren fixiert?

MKP: Ja, diese sind dann festgeschrieben. Außerdem versuchen wir, in die Verträge Verlängerungsoptionen aufzunehmen sowie die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausstiegs. Das liegt einfach daran, dass die Zuweisungen starken Schwankungen unterliegen können und für einen Zehn-Jahres-Zeitraum nur schwerlich prognostiziert werden können. Zum Beispiel haben wir erst im Oktober erfahren, dass in diesem Jahr noch 90 Asylbewerber zusätzlich nach Leipzig kommen. Wir haben deshalb aktuell ein großes Unterbringungsproblem.

F: Heißt die Lösung dafür Pensionen?

MKP: Pensionen können eine Lösung sein. Unterm Strich war aber noch keine Pension billiger als unsere Gemeinschaftsunterkünfte. Zudem können wir eine angemessene Betreuung für die neu in Leipzig ankommenden Asylbewerber besser in Gemeinschaftsunterkünften gewährleisten, als wenn diese über das gesamte Stadtgebiet verstreut wohnen.

Interview: Jens Rometsch

Bildunterschrift:

Bei der neuen Flüchtlingsunterkunft in der Riebeckstraße 63 gibt es drei Monate Bauverzug. Die 45 sowie 70 Plätze in zwei Gebäuden, die zuletzt der Städtische Eigenbetrieb Behindertenhilfe nutzte, sollen nun erst im Januar bezugsfertig sein.