Kreisgebiet (K.W./lis/nf). Die Themen Asyl und Integration stehen in diesen Tagen mehr denn je im Fokus. Soeben gingen die Interkulturellen Wochen zu Ende, ein Veranstaltungsreigen für gelebtes Miteinander. Vor einer Woche schaffte die NPD in verschiedenen nordsächsischen Wahllokalen die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in den Bundestag. Zugleich bereitet sich der Landkreis auf einen verstärkten Zustrom von Flüchtlingen vor. Was ist zu tun in dieser Gemengelage? Und was hat sich bereits getan? Die LVZ sprach mit Akteuren im Landkreis, die an diesem Thema ganz dicht dran sind.
Schulleiterin setzt auf Abbau von Sprachbarrieren
Wenn Sylke Brendel an Flüchtlinge denkt, hat sie ihre Schule vor Augen. Mehr als 30 Kinder mit Migrationshintergrund, die wenig oder gar kein Deutsch sprechen, besuchen derzeit an der Delitzscher Grundschule Am Rosenweg den Unterricht. Oftmals Kinder aus Familien, die vor Ort Zuflucht suchen – und für die automatisch die deutsche Schulpflicht gilt. Für Schulleiterin Brendel und ihr Team eine besondere Herausforderung, bei der sie seit einem halben Jahr von einer Speziallehrerin unterstützt werden. „Die Kinder sind willkommen bei uns. Und sie freuen sich, hier sein zu können. Sie sind freundlich, pünktlich, und wenn Sprachbarrieren fallen, kommen sie im Stoff gut mit“, schildert Sylke Brendel. Die 45-Jährige sieht den hiesigen Umgang mit Flüchtlingen weitgehend auf gutem Wege. „Das Kultusministerium hat Info-Veröffentlichungen auch in arabischer, russischer oder vietnamesischer Sprache herausgeben, und wenn zum Beispiel Sportkleidung oder ein Ranzen gebraucht wird, sind zuständige Behörden schnell zur Stelle.“ Trotzdem sieht die Schulleiterin noch Potenzial, Integration zu erleichtern. „Meine persönliche Meinung: Flüchtlingsfamilien sollten schneller die Chance bekommen, Deutschkurse zu besuchen. Für Kinder mit Kriegserlebnissen wäre vielleicht auch psychologische Betreuung nötig. Und insbesondere für Kinder ist die Abschiebepraxis bei Nacht und Nebel schwer zu verstehen.“ Mit Blick auf die einheimische Bevölkerung ergänzt Sylke Brendel: „Wir wissen viel zu wenig über Glauben und Kultur der anderen. Es bräuchte mehr öffentliche Veranstaltungen, die Einblick geben.“
Jugendberater wünscht sich dezentrale Unterbringung
Die Integration von Asylbewerbern, oder überhaupt von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland ist ein weites Feld. Das weiß der Eilenburger Jugendberater Torsten Pötzsch. „Ich glaube, allein für Asylbewerber gibt es fünf verschiedene Stadien. Ich habe vor allem eine Aversion gegen Gemeinschaftsunterkünfte. Schon aus den eigenen Erfahrungen als Angehöriger der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen. Das birgt doch schon Konfliktpotenzial, wenn Angehörige einer Nation zusammenkommen. Und wenn man bedenkt, dass man dann traumatisierte Flüchtlinge zusammenbringt, kann das nicht gut gehen.“ Die dezentrale Unterbringung sollte das große Ziel sein, wünscht sich Torsten Pötzsch. Andererseits seien für Asylbewerber auch soziale Kontakte untereinander wichtig. Es mache also ebenfalls keinen Sinn, ihnen weit abgelegene Unterkünfte zuzuweisen. Auf der anderen Seite werde den Landkreisen, die ohnehin knapp bei Kasse sind, Flüchtlinge zugewiesen. „Wir haben natürlich auch in Eilenburg einen gewissen Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Doch er ist eher gering. Da gibt es bei der Betreuung keine Unterschiede“, so der 38-Jährige. Gerade in der Schule hätten es Kinder aufgrund der sprachlichen Barrieren nicht einfach. Aber vielleicht betreffe das am Ende nicht mal so sehr sie selbst, sondern die Eltern, die nicht mit den Lehrern kommunizieren können.
Sportler freut sich über Integrationserfolge im Verein
Wie Integration seit vielen Jahren funktioniert, zeigt die Stadt Bad Düben. Dorthin waren in den 1990er-Jahren knapp 1000 Spätaussiedler gekommen, etwa 250 haben heute ihren Lebensmittelpunkt in der Stadt. „Was ich beobachte: Es gibt ein gutes Miteinander“, sagt Frank Hackbarth vom Sportverein Bad Düben. Ein Großteil der Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion ist mittlerweile im Verein integriert. Anfangs gab es eine Integrativsportgruppe, mittlerweile nennt die sich Breitensportgruppe und ist bunt gemischt. „Wir machen nicht nur Sport zusammen, sondern helfen uns auch gegenseitig und feiern. Die Menschen gehen einer Arbeit nach, viele Männer sind bei der Firma Bau- und Haustechnik tätig, einer hat sich sogar mit einem Maurerunternehmen selbstständig gemacht“, so der 50-Jährige, der bei der Bundespolizei arbeitet. Auch im Awo-Chor singen die Leute mit. In Bad Düben gibt es zudem seit vielen Jahren die Begegnungsstätte „Neue Heimat“ und der Migrationsdienst ist fester Bestandteil vor Ort, gibt den Menschen Hilfestellungen.
Frank Hackbarth