Stadtrat Rötha wurde nicht über Unterbringung der Asylbewerber informiert
Rötha. Sie fühlen sich vom Landkreis übergangen, haben vorher nichts gewusst. Dass am Mittwoch 30 Asylbewerber im Hotel der Kleinstadt untergebracht wurden, hat die Röthaer Stadträte kalt erwischt. Sie erfuhren es aus den Medien. Das sei „eine große Frechheit“, hieß es am Donnerstagabend fraktionsübergreifend in der Stadtratssitzung. Das emotionsgeladene Thema ist inzwischen Stadtgespräch und noch lange nicht erledigt.
Von Saskia Grätz
Eine entsprechende Anfrage kam bereits in der Bürgerfragestunde. „Von der Stadt hat es keinen Vorschlag gegeben“, stellte Bürgermeister Ditmar Haym (parteilos) unmissverständlich klar. Er schilderte, wie diese Aktion zustande gekommen ist. Der Hotelbesitzer habe dem Landkreis angeboten, in seinem Plattenbau 150 Asylbewerber aufzunehmen. Daraufhin gab es am Montag eine Beratung mit Sozial- und Bauordnungsamt vor Ort. Die Situation sei kritisch beleuchtet worden, eine Aussage, ob Asylbewerber untergebracht werden, gab es nicht. Erst am Dienstagabend wurde Haym informiert, dass die Ausländer am Mittwoch eintreffen werden. Eine Mail vom Donnerstag bestätigte die Unterbringung von 30 Personen, die mit Barschecks ausgestattet wurden. Die Verantwortlichen dieser Entscheidung – Landrat Gerhard Gey und der 2. Beigeordnete Thomas Voigt – hätten angeboten, ihre Position in Rötha darzustellen, ergänzte der Bürgermeister.
„Wie viel will Borna eigentlich noch auf andere abwälzen?“, fragte Stadtrat Timo Müller (Die Linke). Erst das Seehaus, jetzt die Asylbewerber – die Bürger vor vollendete Tatsachen zu stellen, ist eine große Frechheit.“ Die Stadt solle prüfen, ob etwas dagegen gemacht werden kann. „Wir dürfen das nicht hinnehmen“, ergänzte Hans-Joachim Keil (SPD) und nahm auch das Wort Frechheit in den Mund: „Die Stadt hat vorher informiert zu werden.“ Er habe nichts gegen Asylbewerber, wenn sie vernünftig untergebracht werden. Sie ohne Betreuer ihrem Schicksal zu überlassen, sei „menschenunwürdig“.
Die feuertechnischen Anlagen des Plattenbaus wurden seit zehn Jahren nicht gewartet, hieß es. „Das Haus ist nicht sicher“, sagte Gabriele Richter (CDU). Sicherheit gehe aber vor. „Private Interessen wurden an der Stadt vorbei lanciert“, ergänzte sie noch. „Bei wichtigen Sachen stehen wir da wie die Doofen“, erklärte Dieter Kunze (SPD) sichtlich erregt. „Wo leben wir denn?“ Auch Ursula Reich (SPD) erbost das Gebaren „über die Köpfe der Stadt hinweg“: Der Landkreis hätte zumindest so viel Anstand aufbringen und darüber informieren müssen, dass in Rötha Leute untergebracht werden sollen. Dazu habe ganz offensichtlich der Mut gefehlt.
Am Geld scheiterte die Unterbringung jedenfalls nicht. In Vertretung des Bürgermeisters erreichte Uwe Wellmann (CDU) Ende Oktober ein Anruf des Beigeordneten Voigt. Er habe sich nach leerem Wohnraum erkundigt. In diesem Telefonat sei es auch um das Hotel und die Pension gegangen. Gespräche mit den Chefs hätten aber ergeben, dass beide „viel zu teuer“ seien. Weder 20 noch 45 Euro pro Nacht könne sich der Landkreis leisten, habe Voigt gesagt.