Rashid Nawaz von der Ahmadiyya-Gemeinde will über den Moschee-Bau aufklären – heute gibt es einen Infoabend in der Michaeliskirche
Ganz unauffällig ist der Eingang in der Eisenbahnstraße. In einer Vier-Raum-Wohnung treffen sich regelmäßig Gläubige der Gemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ). Die meisten stammen aus Pakistan, wurden dort verfolgt. Denn die islamische Reformbewegung tritt für die ursprünglichen Werte des Korans wie Barmherzigkeit gegenüber allen Menschen, Trennung von Staat und Kirche sowie Gleichwertigkeit von Mann und Frau ein und lehnt vor allem Gewalt kategorisch ab.
Gründer Mirza Ghilam Ahmad (1835-1908) erklärte sich zum von vielen Muslimen erwarteten Messias – für traditionelle Muslime ein Sakrileg. Seine Anhänger werden bis heute offen angefeindet und verfolgt – viele leben daher im Ausland. Seit einem Massaker 2010 in Lahore ist die Situation in der Heimat eskaliert. „Bei Glaubensdingen darf es keinen Zwang geben“, sagt Rashid Nawaz, der Regionalbeauftragte der Gemeinde.
Seit 17 Jahren wohnt der 42-Jährige in Deutschland. Fünf Kinder, die hier geboren sind, gehören zur Familie, die hier gut integriert ist. Die Gemeinde hat mittlerweile 70 Mitglieder, die einen sehnlichen Wunsch haben: Sie möchten eine kleine Moschee an der Georg-Schumann-Straße bauen, in der sie sich regelmäßig zum Gebet treffen können. Doch seit die Reformgemeinde ihre Pläne vorstellte, gibt es viele Ängste und reichlich Gegenwind. „Gohlis sagt Nein“ meinen besorgte Anwohner, die eine Initiative gegründet haben. Die NPD organisierte am vergangenen Sonnabend eine Kundgebung vor den Gohlis-Arkaden. Es gibt in Leipzig aber auch sehr viele Moschee-Befürworter. „Über diesen Rückenwind freuen wir uns“, sagt Nawaz, der als Automatisierungstechniker arbeitet. Er will Vorurteile entkräften. Diskussionen habe es in allen Städten gegeben, wo die Gemeinde bauen wollte. Diesen wolle man sich stellen, etwa heute Abend in der Michaeliskirche.
Mittlerweile gibt es 35 kleine Moscheen in Deutschland – auch in Berlin-Hellersdorf. Dort war der Aufschrei besonders groß. Heute ist um die Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde weitestgehend Ruhe eingezogen. Die Kuppel der Khadija-Moschee erhebt sich über einen schlichten weißen Kubus, an einer Ecke ragt ein zwölf Meter hohes Minarett heraus. „Wir wollen auch in Leipzig keine Hinterhof-Moschee. Sondern ein offenes Haus, in das alle kommen können, die sich informieren wollen“, sagt Nawaz. Vorwürfe, das die Gemeinde an Schulen missionieren wolle, seien absurd. Er sehe die Moschee eher als Anlaufstelle – auch für die Islam-Wissenschaftler der Universität und den Ethikunterricht.
Die Gemeindemitglieder sind übrigens sehr tatkräftig, haben auch beim Hochwasser angepackt. Zur Tradition gehört es, am Neujahrstag beim Einsammeln des Böllermülls auf dem Augustusplatz zu helfen. Seit 2006 gibt es solche Aktionen. „Dadurch haben wir das Gefühl, etwas zurückgeben zu können“, so Nawaz. Mathias Orbeck
iDas Moschee-Projekt wird heute, 18.30 Uhr bei einem Informationsabend in der Michaeliskirche am Nordplatz vorgestellt.