MDR.de vom 22.10.2013: „Streit um Moscheebau“

Noch bevor das Genehmigungsverfahren für den geplanten Bau einer Moschee in der Georg-Schumann-Straße im Leipziger Stadtteil Gohlis abgeschlossen ist, formierte sich Protest dagegen. Wir haben die Religionsgemeinschaft besucht und mit den Bürgern vor Ort gesprochen.

Die Stadt will Aufklärung leisten
Der Verfassungsschutz hält die Gemeinde „Ahmadiyya Muslim Jamaat“ für unbedenklich. Deshalb gab die Baubürgermeisterin der Stadt Leipzig vor einigen Tagen grünes Licht für den Bauantrag ihrer Moschee. Der muss erst noch gestellt und der Bau letztlich genehmigt werden. Bis jetzt gibt es nur einen Bauvorantrag.

Warum die Stadt schon jetzt über die geplante Moschee informiert, erklärt Heike Will, Abteilungsleiterin im Amt für Stadterneuerung: „Die Baubürgermeisterin ist natürlich bestrebt, gerade bei so außergewöhnlichen Sachen frühzeitig in die Öffentlichkeit zu gehen und die Bürger zu informieren. Bei der weiteren Öffentlichkeitsbeteiligung wollen wir versuchen, eine große Runde zu machen und die Gemeinde zu Wort kommen zu lassen. Dort soll auch dargelegt werden, was nach einer Genehmigung passiert, was nach dem Bau der Moschee passiert und wie die Gemeinde arbeitet.“

Was ist das für eine Gemeinde?
Derzeit trifft sich die Leipziger Ahmadiyya-Gemeinde in einer Drei-Zimmer-Wohnung in der Eisenbahnstraße. Dass hier alle 50 bis 60 Mitglieder zum beten zusammen kommen, ist kaum möglich.

Die meisten Mitglieder kommen aus Pakistan. Dort wurden sie als Ungläubige verfolgt: Denn die Anhänger der Ahmadiyya Muslim Jamaat verstehen sich als liberale islamische Reformgemeinde. Frauen und Männer sind gleich gestellt, die Koran wird nicht streng gelebt, sondern im historischen Kontext ausgelegt.

Trotzdem hat auch sie immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen. Der Bundesvorsitzende und Amir, Abdullah Uwe Wagishauser, bedauert dies: „Die Friedfertigkeit ist für uns so selbstverständlich, dass wir uns manchmal fragen, warum wir uns dazu äußern müssen. Das gehört einfach zu unserer zweiten Natur. Alle Menschen haben gleiche Rechte, wie auch alle Religionen gleiche Rechte haben.“

Die Argumente der protestierenden Bürger
Einige im Leipziger Stadtteil Gohlis sehen das anders und riefen zur Gründung einer Bürgerinitiative gegen den Moscheebau auf: „Es gibt Leute“, sagt einer der anwesenden Bürger, „die morden im Namen ihrer Religion, sprengen Frauen und Kinder in die Luft. In Deutschland begehen bestimmte Leute sogenannte Ehrenmorde – denen möchte ich nicht auch noch eine Moschee bieten.“ Mit der Ahmadiyya-Gemeinde hat sich dieser Herr bisher nicht auseinandergesetzt und hat es auch nicht vor: „Es sind Muslime, das reicht für mich aus. Ich möchte das nicht.“

Andere wiederum fürchten das hohe Verkehrsaufkommen und den Lärm, der durch den Bau einer Moschee auf der Georg-Schumann-Straße entstehen würde, wie eine Frau sagt: „Die Lautstärke der ganzen Autos, keine Parkplätze…“ Eine andere Anwohnerin warnt vor politischen Auseinandersetzungen und Ausschreitungen im Viertel: „In der Villa gegenüber der Moschee sitzt eine Burschenschaft. Da kann man sich vorstellen, dass der Ärger vorprogrammiert ist – Randale, Connewitzer Kreuz.“

Gegner und Unterstützer
Die NPD jedenfalls versucht bereits, Kapital aus den Protesten zu schlagen. Für Anfang November ruft die Partei zu einer Demonstration gegen „Islamisierung und Überfremdung“ auf. Die Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinde sehen das gelassen: „Wir haben die Erfahrung gemacht – und wir haben einige Moscheen in den letzten 20 Jahren gebaut -, dass sich die Ängste spätestens nach einem Jahr verflüchtigen.“

Schon heute hat die Gemeinde in Leipzig auch Fürsprecher. Die Leipziger Thomaskirche bekräftigte am Montag ihre Zustimmung für den Moscheebau.

(Quelle: MDR.de; Jennifer Stange; Zuletzt aktualisiert: 22. Oktober 2013, 12:35 Uhr)