Initiativen und Vereinen ist es ernst mit einer dezentralen Unterbringung von Asylsuchenden in Leipzig. In einem Offenen Brief an die Stadtpolitik fordern sie „selbstbestimmtes Wohnen und Leben für alle Menschen“. Die Unterkunft in der Torgauer Straße 290 soll geschlossen, die neue Unterkunft in der Riebeckstraße 63 nur eine Übergangsunterkunft bleiben.
Kurz vor Ostern lud die Leipziger Stadtverwaltung zum Tag der Offenen Tür in das künftige Asylbewerberheim in die Riebeckstraße 63. Ab Mitte April 2103 sollen hier in zwei Häusern 115 Bewohner leben.
Mal unabhängig davon, dass 115 Flüchtlinge an einem Standort nicht jedem als dezentrale Unterbringung einleuchten und die Unterkunft laut Stadtratsbeschluss schon im letzten Herbst fertig sein sollte: Was im Nachgang dieses Öffentlichkeitstermins zu den Planungen der städtischen Asylpolitik öffentlich wurde, treibt Leipziger Initiativen und Vereine nun zum Widerspruch.
„Das Warten muss ein Ende haben! – Enough is enough!“, so ist ihr Offener Brief vom 3. April 2013 überschrieben, der L-IZ vorliegt. Adressaten des Schreibens sind Oberbürgermeister Burkhard Jung, Sozialbürgermeister Professor Thomas Fabian (beide SPD), sämtliche Stadträte sowie die Mitglieder des örtlichen Migrantenbeirates.
„Wir haben nicht länger Interesse an beschwichtigenden Verlautbarungen, starren Verwaltungsvorschriften, finanziell-bedingten Ausreden, einer rassistischen Sondergesetzgebung und institutioneller Diskriminierung“, erklären die Unterzeichnenden. Zu dem breiten Kreis zählen unter anderem der Initiativkreis: Menschen.Würdig, die AG Dezentralisierung: Jetzt!, die Initiative Rassismus tötet! Leipzig sowie der Sächsische Flüchtlingsrat.
Aus dem parteipolitischen Raum tragen die Kreisverbände der Grünen und Piraten sowie die linksjugend Leipzig und linXXnet – Abgeordneten- und Projektebüro DIE LINKE den Offenen Brief mit. Darüber hinaus wird das Protestschreiben von der Sozialistischen Jugend – Die Falken, Landesverband Sachsen mit getragen. Unter den Einzelunterzeichnern befinden sich die Leipziger grüne Bundestagsabgeordnete Monika Lazar und Linken-Stadträtin Juliane Nagel.
„Wir fordern nichts Unmögliches, lediglich selbstbestimmtes Wohnen und Leben für alle Menschen“, so die Kernforderung des Briefes. Ihnen geht es um „eine tatsächlich dezentrale Unterbringung Asylsuchender“.
Dazu ist es aus Sicht der Autoren notwendig, die Gemeinschaftsunterkunft in der Torgauer Straße 290 zu schließen. Die Argumentation der Stadtverwaltung, für eine Nutzung der Gemeinschaftsunterkunft bis Ende 2015 sei der Freistaat Sachsen verantwortlich, nennen die Autoren des Offenen Briefes „eine einseitige Schuldzuweisung“.
Die neue Gemeinschaftsunterkunft Riebeckstraße 63 dürfe aus Sicht der Initiativen „lediglich eine Übergangsunterkunft“ sein. Von der Verwaltung erwarten sie, Asylsuchende und Geflüchtete nunmehr vermehrt „dezentral, das heißt in Wohnungen unterzubringen“. Diese Wohnungen sollten zudem einen barrierefreien Zugang haben.
Die Unterzeichner des Offenen Briefes fordern von der Stadt, „Asylsuchende in regulären Wohnungen unterzubringen, anstatt in den bestehenden menschenunwürdigen Heimen“. Dies sei schon deshalb möglich, weil bereits heute mehr als 60 Prozent der Asylsuchenden in Wohnungen leben.
Schließlich mahnen die Unterzeichner erneut Bemühungen an, „bestehende Ressentiments und Zuschreibungen gegenüber Asylsuchenden abzubauen“. Hier setze der Verzicht auf bereits beschlossene Standorte der dezentralen Unterbringung wie in Portitz und Schönefeld falsche Signale.