Leipzig. „Wir haben in Leipzig zu wenig Migranten“, sagt Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD). Denn durch die Begegnung mit anderen Kulturen könne die Ausländerphobie am Besten abgebaut werden. In diesem Punkt stimmt er mit dem sächsischen Ausländerbeauftragten, Martin Gillo (CDU), überein. Eine Möglichkeit sei die dezentrale Unterbringung, mit der Leipzig von diesem Jahr an neue Wege beschreitet.
Doch deses Vorhaben hat zu teils heftigen Protesten und Debatten in den vergangenen Monaten geführt. Im Zeitgeschichtlichen Forum diskutierten die beiden Politiker am Dienstagabend mit dem Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht (CDU), und dem Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.
„Könnte eine dezentrale Unterbringung auch wieder kontraproduktiv wirken?“, fragt ein junger Lehramtsstudent. Die Eisenbahnstraße sei ein Negativbeispiel für ein Ballungszentrum. Gegenüber LVZ-Online sagt der junge Mann, dass ein richtiges Steuerungs-Konzept fehle, um die Integration zu verbessern. „Natürlich ziehen die Menschen in einen Stadtteil, in dem sie sich vertraut und wohl fühlen“, antwortet Fabian. Doch müsse dies nicht bedeuten, dass dann ein ganzes Leben dort verbracht wird. Leipzig lege Wert darauf, dass alle Stadteile gleichermaßen entwickelt werden.
„Immerhin unterstützt Leipzig teilweise Deutschkurse für Asylbewerber, im Gegensatz zum Land Sachsen“, kritisiert Burkhardt von Pro Asyl den Freistaat. Integration sei so kaum zu erreichen. „Das liegt noch an den sogenannten Verbrämungsstrategien von 1992“, erklärt der Ausländerbeauftragte Gillo. Die Gesetze sollten abschrecken: Residenzpflicht, Gutscheine und zentrale Unterbringung. Damals gab es im Schnitt 600.000 Asylanträge pro Jahr. Momentan sind es noch 65.000. „Also ist das nicht mehr zeitgemäß.“ Die 200 Zuhörer im Saal klatschen deutlich Beifall.
Auch Stahlknecht sei kein Freund von zentraler Unterbringung. „Wir schwenken um auf dezentral“, so der Innenminister während der vom Radiosenders MDR Info organisierten Veranstaltung. Sieben Quadratmeter habe man als notwendigen Wohnraum in einem Erlass Anfang Januar festgelegt. Im Publikum erhebt sich ein Murmeln. Dieser soll es Kindern und Familien ermöglichen die Massenunterkünfte zu verlassen.
Die Stadt Leipzig ist einen Schritt weiter. „60 Prozent sollen in eigenem Wohnraum untergebracht werden“, fordert Fabian, der stolz darauf sei, dass das neue Flüchtlingskonzept mit großer Mehrheit im Stadtrat beschlossen worden ist. Doch für die Integration brauche es die Unterstützung aller Bürger.